Assoziationen und neuronale Fitness – Wie lernt das Gehirn?
Auszüge der SWR2 Sendung vom 18. August 2020
Es kursieren viele Neuromythen darüber, wie man sein Gehirn täglich fit machen kann, zum Beispiel durch das berüchtigte Lernen im Schlaf, durch Lernen bei guter Laune, Lernen mit bestimmten Assoziationsketten oder Memotechniken. Dabei wird das Gehirn oftmals mit einem Muskel verglichen, den man einfach trainieren könne. Doch was ist dran an diesen Mythen, wie lernt das Gehirn nun wirklich? Antworten gibt der Hirnforscher Professor Martin Korte von der TU Braunschweig.
“Die erste Frage, die sich erst mal jeder von uns stellen wird, lautet: Kann man denn als Erwachsener wirklich noch etwas Neues lernen? Oder ist dies Kindern und Jugendlichen, Studenten und Auszubildenden vorbehalten? Da kann man zunächst mal sagen: Jeder von uns kann ein Leben lang lernen, ja, es macht sogar die Spezies Mensch aus, dass wir auch im Alter noch lernen können.
Allerdings müssen wir daran denken, dass nur der lernen kann, der an Veränderungen glaubt und sich diese zutraut. Vor allem aber, dass man auch glaubt, dass wir diese Veränderungen, die wir dann ja „Lernen“ nennen, auch wirklich, dass wir diese selbst notwendig haben. Wir brauchen also auch ein Ziel, das wir beim Lernen verfolgen.
Und hier gilt, was Leo Tolstoi einmal zu Recht festgestellt hat: „Viele zerbrechen sich den Kopf darüber, wie man die Menschheit ändern könnte. Aber kein Mensch denkt daran, sich selbst zu ändern.“ Dabei können wir uns ändern. Wir können lernen.
Während des Lernens… ist natürlich wichtig, mit welchen Methoden und Mechanismen man während des Lernens am besten vorankommen kann.
Und hier muss man sagen, ist Assoziation Trumpf.
Wann immer wir neues Wissen mit altem Wissen verbinden können, zum Beispiel über Metaphern, über Bilder, indem wir das, was wir lesen, in die eigene Sprache übersetzen, in den eigenen Wissenshorizont einbauen, umso leichter fällt es uns, dieses Wissen nicht nur abzuspeichern, sondern auch sicher wieder abzurufen.
Das hängt damit zusammen, dass auf der elementarsten Schaltstelle des Lernens Assoziationen eine so herausragende Rolle spielen. Denn an den schon erwähnten Kontaktstellen von Nervenzellen, den Synapsen, verändern sich diese Synapsen besonders leicht, wenn die vor- und die nachgeschaltete Nervenzelle, die eine solche Synapse bilden, gleichzeitig aktiviert werden.
Wenn wir also die einfachste Form der zeitlichen Assoziation, die Koinzidenz, haben, dann verändern sich diese Synapsen besonders leicht. Das bedeutet, wir haben assoziative Speicher, die mit Hilfe von Assoziationen besonders leicht sich Dinge merken können.
Diese Assoziationen können wir beim Lernen hervorrufen, indem wir das, was wir lesen oder gehört haben, noch mal in eigenen Worten zusammenfassen.
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Vor allen Dingen ist der Vorteil, wenn ich mir selbst Notizen machen – und in dem Fall ist es egal, ob im Laptop oder mit der Hand –, dass ich mit meinen eigenen Worten noch mal das zusammenfasse, was ich gehört habe, Oberbegriffe bilde und damit auch die Chance erhöhe, das ich später das Wissen auch abrufen kann.”
Auszüge aus der Sendung “Neuronale Fitness – Wie lernt das Gehirn?” im Sender SWR2, mit freundlicher Genehmigung von Professor Dr. Martin Korte
Moderation und Redaktion: Ralf Caspary
Die Sendung ist hier hörbar: Neuronale Fitness – Wie lernt das Gehirn
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